Bio-Kunststoffe: Sind sie eine nachhaltige Alternative?

faktengeprüft

Plastiktüte Wiese Sonnenuntergang

Biokunststoffe werden von vielen als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlicher Plastik gelobt.

Andererseits gibt es aber auch viele kritische Stimmen, welche Bio-Plastik als „Unsinn“ bewerten oder zumindest ihre Ökobilanz in Frage stellen.

In diesem Artikel sehen wir uns die Fakten unvoreingenommen an.

Was ist Biokunststoff?

Bei der Bezeichnung Bio-Kunststoffe handelt es sich um keine geschützte Definition, allerdings wird damit meistens eine der beiden folgenden Bedeutungen gemeint:

  1. Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe
  2. Biologisch abbaubare oder kompostierbare Kunststoffe (unabhängig vom Rohstoff)
Mais
Mais ist eine von vielen nachwachsenden Rohstoffen für Bio-Kunststoffe

Die erste Definition bezieht sich also auf die Art der verwendeten Rohstoffe, während die zweite sich auf die Abbaubarkeit der Fertigproduktes konzentriert.

Wichtig zu wissen:

Es gibt nicht (oder nur schwer) abbaubare Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (z.B. vulkanisierter Kautschuk), und gleichzeitig biologisch abbaubare Kunststoffe auf Mineralölbasis.

Aus Sicht der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes ist sicherlich vor allem die zweite Definition entscheidend: die möglichst rückstands- und schadstofffreie Abbaubarkeit der Produkte.

Besonders interessant wird es natürlich, wenn beide Definitionen zusammenkommen: wenn es sich also um abbaubare Materialien handelt, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurden.

Welche Vorteile haben abbaubare Bio-Kunststoffe?

Windkraft
Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind weitgehend CO2-neutral

Wenn Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurden, dann setzen sie beim Zerfall nur soviel CO2 frei, wie sie während des Wachstums aufgenommen haben.

Das bedeutet, dass sie nach Abzug von Transport- und Herstellungsprozess CO2-neutral sind.

Im Gegensatz dazu setzen Kunststoffe auf Mineralölbasis beispielsweise CO2 frei, dass ansonsten weiterhin im Öl gebunden wäre.

Stichwort Öl: biobasierte Kunststoffe benötigen kein oder nur wenig der begrenzten Ressource Erdöl. Selbst Bio-Kunststoffe, die nicht vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind, enthalten davon dennoch oft einen hohen Anteil.

Ein weiterer Vorteil von biologisch abbaubaren Kunststoffen ist, dass sie deutlich weniger schaden anrichten, wenn sie doch in die Natur gelangen.

Denn zum einen zerfallen sie wesentlich schneller als herkömmliche Plastik. Und zum anderen enthalten sie in der Regel keine (oder nur sehr wenige) schädlichen Zusatzstoffe, die beim Zerfall freigesetzt werden.

Nachhaltige Herstellung entscheidend für Ökobilanz von Bio-Kunststoffen

Aber auch bei Bio-Kunststoffen ist nicht pauschal alles Gold, was glänzt – es kommt ganz darauf an, wie sie hergestellt wurden.

Zum einen müssen natürlich zunächst die Rohstoffe angebaut werden (Mais, Zuckerrohr, etc). Dafür werden in der Regel Flächen gerodet, oder der Anbau tritt in Konkurrenz mit anderen Nahrungsmitteln.

Und damit sind wir schnell bei den „üblichen“ Problemen der Landwirtschaft: (Über-) Düngung und Einsatz von Pestiziden, die letztendlich ins Grundwasser und unsere Nahrungskette gelangen, oder zu wucherndem Algenwuchs in Seen und Meeren führen.

Fairerweise muss gesagt werden, dass natürlich auch die Alternative – z.B. die Förderung von Erdöl – alles andere als umweltfreundlich ist und ihre eigene Reihe an Problemen mit sich bringt.

Entscheidend für die Nachhaltigkeit von Biokunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ist also nicht nur allein die Tatsache, dass sie biologisch abbaubar sind.

Viel wichtiger ist, ob der gesamte Prozess umweltverträglich ist – angefangen von der Art und Weise des Rohstoffanbaus bis zum Produktionsprozess.

Biologische und nachhaltige Landwirtschaft beim Rohstoffanbau und anschließende umweltfreundliche Produktion mit Einsatz von Energie aus erneuerbaren Quellen lassen in Summe wesentliche nachhaltigere Produkte entstehen.

Entsorgung von Biokunststoffen

Auf den ersten Blick lassen sich die meisten biologisch abbaubaren Kunststoffe kaum oder gar nicht von herkömmlicher, nicht abbaubarer Plastik unterscheiden.

Das führt dazu, dass Biokunststoffe oftmals einfach über den normalen Restmüll anstatt über den Biomüll entsorgt werden.

Sind Biokunststoffe deshalb aber gleich sinnlos oder doch schlecht für die Umwelt?

Müllverbrennung nicht zwingend schlechtes Ende für Bioplastik

Ok, viele Biokunststoffe landen also statt in Kompostierungsanlagen in der Müllverbrennung.

Doch wie wirkt sich das tatsächlich auf Ihre Umweltbilanz aus?

Nun, auch im Verbrennungsprozess werden sie größtenteils in CO2 umgewandelt, was auch bei der Kompostierung entstanden wäre.

Wie wir bereits gesehen haben, ist das dann sogar CO2 neutral, wenn es sich um Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen handelte.

Ok, bei der Verbrennung wird zwar keine Biomasse gewonnen, die für die Landwirtschaft genutzt werden kann.

Andererseits wird dafür aber Energie in den Verbrennungsanlagen produziert (energetische Verwertung), und CO2 neutrale Energiegewinnung ist ein klares Plus für die Umweltbilanz.

Die Verbrennung ist neben der Kompostierung also nur eine andere Art der Verwertung von Bioplastik, keineswegs aber per se schlechter.

Bioplastik in der Natur

Darüber hinaus sollten wir einen weiteren Punkt nicht vergessen:

Verpackungen landen leider oft in überhaupt gar keiner Mülltonne, sondern in freier Natur. Und das trifft nicht nur auf Deutschland zu – viele Länder weltweit haben keine effiziente (oder überhaupt keine) Müllentsorgung.

So erschreckend das folgende Video auch ist, der nordpazifische Müllstrudel ist nur einer von vielen, und nur das größte sichtbare Symptom unseres weltweiten Plastikmüllproblems:

Der Pazifische Müllstrudel

Die Fakten sind also glasklar – wir haben bereits Unmengen an Kunststoffen in unserer Natur – und es werden täglich mehr.

Dann ist es doch in jedem Fall besser, wenn es sich um biologisch abbaubare Produkte handelt, die möglichst frei von Schadstoffen sind.

Ja, in freier Natur brauchen auch sie länger für ihren vollständigen Abbau als unter idealen Kompostierungsbedingungen.

Aber das ist doch das kleinere Übel, wenn man es mit herkömmlichen Kunststoffen vergleicht. Denn diese brauchen teils Jahrhunderte und setzen darüber hinaus auch noch Schad- und Giftstoffe frei, die bei ihrer Herstellung zugesetzt wurden.

Sind Bio-Kunststoffe eine sinnvolle Alternative?

Auf der einen Seite werden sie als ein Beitrag zur Lösung des Plastikproblems gelobt. Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder Berichte und Meinungen, dass Bio-Plastik keine Alternative wäre.

Doch was sind denn eigentlich genau die Argumente der Kritiker?

Im Wesentlichen geht es um die Kompostierbarkeit und die Ökobilanz.

Um zu einer fairen Einschätzung zu kommen, muss man sich die Fakten jedoch objektiv ansehen.

Denn der Maßstab muss dabei immer der Vergleich mit herkömmlicher Plastik sein.

Eine zügige, vollständige Kompostierbarkeit ist bei biologisch abbaubaren Kunststoffen oft nur in industriellen Kompostieranlagen möglich, das ist richtig. Für den Hauskompost sind also nur die wenigsten geeignet.

Was bedeutet das nun? Im „schlimmsten“ Fall, dass sie einfach verbrannt werden, zusammen mit dem sonstigen Restmüll, wie wir bereits gesehen haben.

Aber:

Wenn sie aus nachwachsenden Rohstoffen umweltfreundlich angebaut und hergestellt wurden, sind sie sowohl beim biologischen Abbau als auch bei ihrer Verbrennung CO2 neutral.

Insofern ist das keineswegs ein Argument gegen, sondern für Bioplastik.

Denn wie sehe es denn mit herkömmlicher Plastik aus? Weder deren Herstellung noch Verbrennung sind CO2 neutral – und kompostierbar ist sie schon gar nicht.

Natürlich ist der ökologisch nachhaltige Anbau der Rohstoffe für Bioplastik für ihre Ökobilanz wichtig – aber auch hier sollte nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.

Denn die Ökobilanz der Erdölindustrie ist bekanntermaßen schlecht. Bei Bioplastik besteht zumindest die Möglichkeit der nachhaltigen Erzeugung der Rohstoffe.

Und selbst wenn Biokunststoffe in die Umwelt gelangen, werden sie schneller (und schadstofffrei) abgebaut als nicht abbaubare Alternativen.

Außerdem verzichten Biokunststoffe auf den Verbrauch begrenzter Ressourcen wie Öl und die sehr aufwendige und umweltschädliche Herstellung von fossiler Plastik.

Fazit

Bio-Kunststoffe sind sicher kein Wundermittel zur Lösung unseres Plastikproblems.

Das bekannte Motto: „Reduce, Reuse, Recycle“ gilt nach wie vor auch bei biologisch abbaubaren Materialien als die beste Herangehensweise.

Auch sind sie kein Freibrief, sie überall in der Natur zu verteilen – sie benötigen wie beschrieben in aller Regel spezielle Bedingungen, um optimal abgebaut zu werden.

Und dennoch: wenn er umweltfreundlich und nachhaltig hergestellt wurden, sparsam eingesetzt und vernünftig entsorgt wird, ist Biokunststoff mit Sicherheit der nicht abbaubaren und umweltschädlichen, herkömmlichen Plastik vorzuziehen.

Wie siehst du das?

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