Bombenfest, langlebig und vielseitig einsetzbar – das „graue Gold“ ist aus dem heutigen Bauwesen nicht mehr wegzudenken.
Noch dazu werden Hersteller nicht müde, die Nachhaltigkeit ihres Produkts zu betonen:
Beton wird gerne als Ressource dargestellt, deren Bestandteile regional verfügbar – und damit umweltfreundlich – sind.
Viele Experten sehen das jedoch anders und bescheinigen dem Baustoff eine negative Umweltbilanz.
Statistiken zeigen: Die Betonverarbeitung ist für hohe CO2-Emissionen verantwortlich.
Und auch das Argument der regional verfügbaren Ressourcen steht mittlerweile auf wackeligen Füßen.
In diesem Beitrag zeigen wird dir, was Beton so umweltschädlich macht, und wie sich der Baustoff nachhaltiger gestalten lässt.
Außerdem stellen wir dir nachhaltige Alternativen zu Beton vor, die mit ähnlich nützlichen Eigenschaften punkten.
Welche Vorteile hat Beton?
Es ist kein Zufall, dass bereits die alten Römer ihre Bauwerke aus Beton errichteten – allen voran das Kolosseum. Der Baustoff besticht mit einer ganzen Reihe von Vorteilen:
Langlebigkeit: Beton ist ein äußerst robustes Material, das bei richtiger Bauweise Generationen überdauert.
Es ist gegen Witterung, Feuchtigkeit, Schimmel, Chemikalien und sogar starke Hitze resistent.
Vielseitigkeit: Dank des Gießverfahrens kann Beton in nahezu jede Form gebracht werden – von wuchtig bis filigran. Wer mit Beton baut, hat also zahllose Gestaltungsmöglichkeiten.
Schallschutz: Dank seiner hohen Dichte hält Beton störende Geräusche effektiv fern. Nicht umsonst werden Gebäude in unruhiger Umgebung gerne aus diesem Material erbaut.
Wärmedämmung: Beton speichert Wärme sehr gut, was die Heizkosten senkt. Im Sommer bleiben Bauwerke aus Beton angenehm kühl.
Ist Beton ein Naturprodukt?
Um diese Frage zu beantworten, wollen wir uns zuerst ansehen, was Beton eigentlich ist:
Ausgangsstoff für Beton ist Zement – ein Baustoff, der bereits in der Antike Verwendung fand.
Er besteht aus Kalkstein, Ton und einer Gesteinskörnung, die Mergel genannt wird.
Mischt man dazu Wasser, Sand und Kies, erhält man Beton.
Beton ist ein Naturprodukt, da alle zur Herstellung nötigen Komponenten in der Natur vorkommen.
Das heißt jedoch nicht, dass die Natur sie freiwillig preisgibt:
Kies muss beispielsweise aufwändig aus Steinbrüchen gewonnen und danach maschinell zerkleinert werden.
Und auch um den Sand für die Betonherstellung abzubauen, ist schweres Gerät notwendig.
Der Eingriff in die Umwelt hört damit nicht auf, wie wir im Folgenden zeigen werden:
Warum ist Beton umweltschädlich?
Die Umweltproblematik beginnt bereits mit dem Sand, einem Hauptbestandteil von Beton:
„Wie Sand am Meer“ – dieser Satz müsste im Hinblick auf unseren hohen Verbrauch bald umgeschrieben werden.
Regionale Vorkommen von geeignetem Sand sind zwar aktuell noch vorhanden. Trotzdem handelt es sich um eine endliche Ressource.
Wer jetzt mit Blick auf die großen Wüsten dieser Erde meint, eine Lösung gefunden zu haben, wird enttäuscht sein. Dieser Sand ist zu fein, um für Beton verwendet zu werden.
Dasselbe gilt übrigens auch für einen Großteil des deutschen Sandes. Technologien, um feinkörnige Arten zu nutzen, stecken erst in den Kinderschuhen.
Ähnlich steht es mit dem Kies, der für die Betonherstellung nötig ist.
Obwohl Betreiber von Kiesgruben betonen, dass diese ökologisch unbedenklich sind, protestieren Umweltschützer schon lange gegen die Zerstörung von Landschaften für den Kiesabbau.
Und so werden neue Gruben in Deutschland kaum noch genehmigt. Bei steigender Nachfrage muss der Rohstoff also bald importiert werden – unter hohem Energieaufwand.
Die größten Probleme für die Umwelt entstehen aber bei der Herstellung von Zement, einem unverzichtbaren Bestandteil von Beton:
Um das Gestein zu zerkleinern und den Zement auf die nötige Temperatur (bis zu 1450° C) zu erhitzen, ist viel Energie nötig.
Dementsprechend hoch ist der CO2-Ausstoß – auch weil der im Kalkstein gebundene Kohlenstoff beim Verbrennen in die Atmosphäre gelangt.
Die Umwandlung von geogenem zu atmosphärischem CO2 ist für 2/3 der Gesamtemissionen verantwortlich.
Um diese zu vermeiden, genügt es also nicht, auf umweltfreundliche Energieträger zurückzugreifen.
Der Kalkstein selbst muss ersetzt werden, was aktuell noch mit großen Schwierigkeiten verbunden ist.
Industrielle Abfälle wie Flugasche und Hüttensand können den Zement, und damit den Kalkstein, zu 35–95 % ersetzen.
Das Problem: Keiner der beiden Stoffe ist in einer Menge verfügbar, die den Bedarf des Bausektors decken kann.
4 Fakten zur Ökobilanz von Beton
1. Bei der Herstellung von einer Tonne Zement werden etwa 700 kg CO2 freigesetzt.
2. Weltweit fallen so 2 Milliarden Tonnen CO2 im Jahr an. Das sind 6–9 % aller Treibhausemissionen, die insgesamt von Menschen verursacht werden.
Zum Vergleich: Alle Industrien zusammen sind für etwa 19 % der CO2-Emissionen verantwortlich.
3. In Deutschland liegt der Anteil mit 2 % etwas unter dem weltweiten Durchschnitt.
4. In Europa lässt sich ein Rückgang der Emissionen durch die Betonherstellung beobachten: Von 2007 bis 2017 sanken diese um etwa 36 %.
Ist Beton ein nachhaltiger Baustoff?
Wie bereits erwähnt, zeichnet sich Beton durch eine problematische Umweltbilanz aus.
Jedoch gibt es auch ökologische Gründe, die für diesen Baustoff sprechen:
1. Beton lässt sich problemlos in Deutschland herstellen. Alle zur Produktion nötigen Rohstoffe sind (zumindest bis jetzt) regional verfügbar.
Gleichzeitig gibt es eine große Zahl an Betonwerken. Lange Lieferketten und ein energieintensiver Transport entfallen also.
2. Beton ist ein robuster Werkstoff mit langer Lebensdauer. Dadurch fallen nur einmal Umweltschäden an – und zwar bei der Herstellung.
Danach überdauern Bauwerke aus Beton für viele Jahrzehnte.
3. Da Häuser aus Beton die Wärme besonders gut speichern, müssen sie weniger beheizt werden.
Das senkt den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoß – besonders wichtig, wenn fossile Brennstoffe verwendet werden.
Kann Beton recycelt werden?
Die gute Nachricht: Das Recycling von Beton ist möglich – und zwar auf unterschiedliche Art und Weise.
Beim sog. Frischbetonrecycling werden noch nicht gehärtete Betonreste wieder verwendet. Das ist in Betonwerken gängige Praxis und ohne Probleme möglich.
Nicht ganz so einfach ist das sog. Festbetonrecycling:
- Stammt der Festbeton aus dem Bauschutt, muss er erst zerkleinert werden, was natürlich Energie erfordert.
- Oft fehlt es am Know-how, um den Altbeton richtig aufzubereiten. Das Angebot an Recyclingfirmen ist daher begrenzt.
- Gesetzliche Vorgaben senken die Recyclingquote: Der beim Zerkleinern anfallende Sand darf nicht wiederverwendet werden, da er nicht als ausreichend belastbar eingestuft wird.
- Und schließlich haben viele Abnehmer immer noch Zweifel an der Qualität von recyceltem Beton – vor allem, wenn er aus unbekannten Quellen stammt.
Statt für Neubauten wird er also immer noch hauptsächlich im Straßenbau verwendet.
Kurz gesagt: In Deutschland wird weit weniger Recyclingbeton verwendet als eigentlich möglich wäre.
Natürlich spielen auch die Transportkosten eine Rolle, wenn es um die Nachhaltigkeit geht:
Stets muss abgewogen werden, was energieeffizienter ist: neuen Beton aus regional verfügbaren Rohstoffen herzustellen oder recycelten Beton über weite Entfernungen zu transportieren.
Diese Frage wird je nach Standort – etwa Großstadt oder ländliches Gebiet – ganz unterschiedlich beantwortet werden.
Gibt es nachhaltigen Beton?
Beton ist nicht gleich Beton, und die Industrie entwickelt sich natürlich weiter.
Bereits jetzt gibt es Bestrebungen, die Nachhaltigkeit dieses Baustoffs zu verbessern:
Ein Großteil der Energie wird beim Brennen des Zements verbraucht. Darum arbeiten Forscher an Rohstoffen, die weniger Hitze benötigen.
Calciumsulfoaluminat kann die benötigte Temperatur beispielsweise um 200° C senken.
Das – und die geringere Menge an Kalkstein – reduziert den CO2-Ausstoß beim sog. CSA-Zement um mehr als die Hälfte.
Nachteile sind der höhere Preis und ein gesteigerter Wasserbedarf bei der Herstellung.
Auch gibt es Bestrebungen, die für den Brennvorgang nötige Energie aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik-Anlagen zu gewinnen und das freiwerdende CO2 zu speichern.
Manche Konzepte gehen sogar noch weiter:
Sog. MOMS-Zement soll in der Herstellung nicht nur weniger CO2 freigeben als herkömmlicher Zement.
Dank seiner chemischen Zusammensetzung bindet er sogar mehr Kohlenstoff als er freigibt – ein Baustoff mit positiver Klimabilanz also.
Einen Haken gibt es jedoch: Für MOMS-Zement ist Olivin notwendig: ein Gestein, das hierzulande nicht in ausreichender Menge vorkommt.
Um den gigantischen Bedarf des Bausektors zu decken, müssten große Mengen von Olivin aus Ländern wie Skandinavien importiert werden.
Und damit würden hohe Emissionen durch den Transport anfallen.
4 nachhaltige Alternativen zu Beton
Nicht immer lässt sich Beton ersetzen. Bei höchsten statischen Belastungen, etwa in Kellern, aber auch beim Tunnel- und Brückenbau, führt um den grauen Baustoff kein Weg herum.
Dennoch gibt es Anwendungsbereiche, in denen nachhaltige Materialien ähnlich gute Dienste leisten.
1. Ziegel
Ziegelsteine erfreuen sich im Bauwesen nach wie vor großer Beliebtheit.
Das Material ist robust, bietet gute Dämmeigenschaften und schafft ein angenehmes Raumklima.
Mauerziegel weisen einen etwas niedrigeren CO2-Wert auf als Beton.
Besonders umweltverträglich sind Lehmziegel, da diese nur bei etwa 900° C gebrannt werden.
Noch umweltfreundlicher ist ungebrannter Lehm. Dieser hält Wind und Wetter allerdings nicht stand und kann daher nur im Innenbereich eingesetzt werden.
2. Holz
Holz ist als Baustoff noch älter als Beton und hierzulande in rauen Mengen verfügbar.
Über die Vorteile dieses Naturmaterials haben wir bereits in diesem Artikel gesprochen.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Bei einer nachhaltigen Forstwirtschaft ist Holz ein äußerst umweltfreundlicher Rohstoff, der nie versiegt.
Damit unterscheidet er sich von Sand und Kies – Beton-Bestandteilen, die nur begrenzt verfügbar sind.
Zwar sind reine Holzhäuser in Deutschland vorerst noch nicht erlaubt. Jedoch zeigen sog. Holz-Hybridhäuser bereits jetzt eine erfreuliche Umweltbilanz.
3. Stroh
Wer bei diesem Baumaterial an alte Bauernhaus-Dächer denkt, wird überrascht sein:
Stroh lässt sich auch für Hauswände verwenden – allerdings nur für eingeschossige Bauten, da es als tragendes Material noch nicht zugelassen ist.
Komprimiertes Stroh punktet mit guter Wärmedämmung und gilt als sehr robust sowie brandsicher.
Da es sich um ein Abfallprodukt aus der Landwirtschaft handelt, ist die Umweltbilanz hervorragend.
Allerdings muss Stroh verputzt werden, um Wind und Wetter Stand zu halten. Dafür eignet sich aus ökologischen Gründen vor allem Strohlehm.
4. Hanfbeton
Trotz des Namens enthält dieser Baustoff keinen Beton. Stattdessen besteht er aus Hanffasern und Kalk.
Bei der Wärmedämmung, dem Brandschutz und der Schallabsorption zeigt Hanfbeton großes Potenzial.
Ebenfalls erfreulich: Er besteht aus Pflanzenfasern, die beim Hanfanbau ohnehin anfallen, und dank der umweltfreundlichen Herstellung lassen sich Tonnen von CO2 einsparen.
Zwar dürfte es noch eine Weile dauern, bis sich dieses Naturmaterial hierzulande durchsetzt.
2019 wurde jedoch bereits das erste Fertighaus aus Hanfbeton eröffnet.
Fazit
Obwohl Beton streng genommen ein Naturmaterial ist, entstehen durch den Brennvorgang erhebliche CO2-Emissionen.
Noch dazu werden für die Herstellung Rohstoffe wie Sand und Kies benötigt, die in Zukunft kaum noch ausreichend zur Verfügung stehen dürften.
Um die Nachhaltigkeit von Beton zu erhöhen, gilt es also:
- weniger energieintensive Brennverfahren anzuwenden
- den anfallenden Kohlenstoff zu binden, bevor er in die Atmosphäre gelangt
- stärker auf recycelten Beton zurückzugreifen.
Gleichzeitig scheint es sinnvoll, sich nach Alternativen für Beton umzusehen, die mit einer positiven Umweltbilanz punkten.
Nur so lässt sich der Energieverbrauch, und damit der CO2-Ausstoß, des Bausektors langfristig weiter senken.
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